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Gestalt­the­ra­pie / Gestalt­psy­cho­the­ra­pie

The­ra­pie­ver­fah­ren nach F. Perls

 

INHALT

 
  1. Ein­lei­tung zur Gestalt­the­ra­pie
  2. Das Grund­we­sen des Men­schen
  3. Das Pro­zeß-Kon­zept
  4. Moti­va­ti­ons­pro­zess
  5. Erle­ben­s­pro­zess
  6. Bewuss­t­heit
  7. Das Selbst und "die Ganze Per­son"
  8. Nicht­er­fül­lung
  9. Wie­der­her­stel­lung von Erfül­lung
  10. Bedin­gun­gen für die The­ra­pie
  11. Lite­ra­tur­emp­feh­lun­gen
 

Einleitung zur Gestalttherapie

Gestalt­the­ra­pie bzw. Gestalt­psy­cho­the­ra­pie ist eine von Fre­de­rik Perls ent­wi­ckelte Form der The­ra­pie, die von der Gestalt­psy­cho­lo­gie beein­flusst ist. Sie ist als The­ra­pie­ver­fah­ren der Huma­nis­ti­schen Psy­cho­lo­gie zuzu­ord­nen. Perls ver­tritt die Annahme, dass der Mensch ver­ant­wort­lich für sein Han­deln ist und dar­über hin­aus fähig dazu, sein eige­nes, posi­ti­ves Poten­tial zu erschlie­ßen.

Im the­ra­peu­ti­schen Pro­zess wer­den emo­ti­o­nale Erleb­nisse der Gegen­wart, die noch nicht abge­schlos­sen sind, bea­r­bei­tet und oft der Bezug zu Erleb­nis­sen der Ver­gan­gen­heit gesucht (die so genannte "Voll­en­dung der Gestalt").

 

Das Grundwesen des Menschen

Die von der Gestalt­the­ra­pie nach F. Perls ver­tre­tene Auf­fas­sung des Men­schen wird tra­di­ti­o­nell "die huma­nis­ti­sche Auf­fas­sung" genannt. Sie unter­streicht, als huma­nis­ti­sche The­ra­pie­form, dass jeder Mensch ein ein­zig­ar­ti­ges Indi­vi­duum ist. Diese Ein­zig­ar­tig­keit ist Ergeb­nis der spe­zi­el­len sub­jek­ti­ven Hand­lungs­weise eines Men­schen.

Fre­de­rik Perls (1969): "Ich per­sön­lich glaube, dass Objek­ti­vi­tät nicht exis­tiert. Die Objek­ti­vi­tät der Wis­sen­schaft ist ledig­lich eine Sache gegen­sei­ti­ger Über­ein­künfte" (Perls in: Cochrane/ Hol­lo­way, 1982, S. 28).

Perls sagt wei­ter, dass der Mensch die Wirk­lich­keit nur durch die spe­zi­el­len Sin­nes­or­gane, mit denen er aus­ge­stat­tet ist, wahr­neh­men kann. Durch die spe­zi­elle Beschaf­fen­heit die­ser Organe wird unver­meid­lich die Reich­weite und Qua­li­tät der Ein­drü­cke beein­flusst. Was "wirk­lich" ist, bleibt nach Perls Spe­ku­la­tion. Die ein­zige Rea­li­tät, die dem Men­schen zur Ver­fü­gung steht, ist die inner­halb der eige­nen Per­son wahr­ge­nom­mene. In der Gestalt­the­ra­pie wird die­ses Kon­zept vom Wesen der Rea­li­tät so umge­setzt, dass dem sub­jek­ti­ven Leben ein hoher Wert zuge­wie­sen wird. Dies wird erreicht durch die Kon­zen­tra­tion auf das Hier-und-Jetzt.

Da der Mensch die Welt durch seine Kör­per­emp­fin­dun­gen wahr­nimmt, ist die beste Mög­lich­keit für ihn, den Kon­takt zur Welt auf­recht­zu­er­hal­ten, in dem er einen kon­ti­nu­ier­li­chen Kon­takt zu sei­nen Kör­per­emp­fin­dun­gen her­stellt.

Dar­aus resul­tiert, dass der The­ra­peut sich nicht von so genann­ten objek­ti­ven Wahr­neh­mun­gen von sei­nem Kli­en­ten täu­schen las­sen soll.

Die Gestalt­the­ra­pie sieht den Men­schen als ein­zig­ar­tig in sei­ner eige­nen Kon­stel­la­tion des Seins. Dabei hat jede Per­son auch Anteil an den allen Men­schen gemein­sa­men Leben­s­pro­zes­sen. Aus Sicht der Gestalt­the­ra­pie sind die bedeut­sa­men gemein­sa­men Pro­zesse Moti­va­tion, Erle­ben und Bewuss­t­heit.

 

Das Prozess-Konzept

Die Gestalt­the­ra­pie ist eine Pro­zess­the­o­rie des Men­schen. Als Pro­zess­the­o­rie kommt es ihr weni­ger auf das "Warum" eines Ver­hal­tens an, als viel­mehr auf das "Wie". Der Schwer­punkt liegt mehr auf Gesetz­mä­ßig­kei­ten, die die Funk­tion des Ver­hal­tens betref­fen.

Die pro­zes­s­o­ri­en­tier­ten The­o­rien beschrei­ben den Men­schen vor­wie­gend mit bewe­gungs­ori­en­tier­ten Begrif­fen, wie "aus­tau­schen", "wach­sen", "ent­fal­ten", "flie­ßen" etc.. Die Begriffe defi­nie­ren keine zu errei­chen­den Kri­te­rien, son­dern legen einen Bezug zur Leis­tungs­fä­hig­keit des Funk­tio­nie­rens der Per­son, was seine Selbs­t­ent­fal­tung angeht.

Es geht den pro­zes­s­o­ri­en­tier­ten The­o­rien darum, wie sich Gefühle ver­än­dern (es geht nicht um Input oder Out­put , son­dern viel­mehr um das, was dazwi­schen geschieht). "In räum­li­chen Begrif­fen: dem Pro­zess geht es um das Wie von Bewe­gung, nicht um das Wohin. In zeit­li­chen Begrif­fen: der Pro­zess ist eine strikte Sache des "Jetzt", nicht eine des "Dann" oder "Wann" (Cochrane/ Hol­lo­way, 1982, S. 30).

Jeder Pro­zess hat seine eigene innere Gesetz­mä­ßig­keit. Es kön­nen keine Regeln von außen über den Pro­zess auf­ge­stellt wer­den, son­dern es heißt, die eigene Gesetz­mä­ßig­keit des jewei­li­gen Pro­zes­ses auf­zu­de­cken. Die einen Pro­zess betref­fende Frage ist, ob irgend etwas in irgend­ei­ner Weise den natür­li­chen Ablauf des Pro­zes­ses behin­dert.

 

Motivationsprozess

Der Moti­va­ti­ons­pro­zess des Men­schen besteht aus sei­ner Ten­denz, sich selbst ver­wirk­li­chen zu wol­len (sich selbst zu erfül­len). "Leben ist wach­sen, ein kon­ti­nu­ier­li­cher, nich­ten­den­der, offe­ner Pro­zess. Der Mensch ist zu Kon­struk­ti­vi­tät geschaf­fen; das schließt das Wer­den ebenso ein wie das Sein. Der Mensch ist nie­mals voll­stän­dig in dem Sinne, eine end­gül­tige Iden­ti­tät zu haben. Jedes Stück Ver­wirk­li­chung sei­ner Mög­lich­kei­ten wird zu einer neuen Basis, von der aus er wächst und sich selbst wei­ter­hin wahr­nimmt" (Cochrane/ Hol­lo­way, 1982, S. 30).

Perls ver­steht den mensch­li­chen Orga­nis­mus als ein Sys­tem, das sich in einem Gleich­ge­wichts­zu­stand befin­det. Ent­steht ein Ungleich­ge­wicht, wird dies als Bedürf­nis, das Gleich­ge­wicht wie­der­her­zu­stel­len, wahr­ge­nom­men.

Perls beschreibt den Vor­gang sehr ein­fach: "Von innen her­aus taucht irgend­eine Figur auf, tritt an die Ober­flä­che und geht dann in die Außen­welt, streckt sich nach dem aus, was wir wol­len, und kommt zurück, assi­mi­liert und nimmt auf. Etwas ande­res kommt her­aus, und der­selbe Vor­gang wie­der­holt sich" (Perls IN: Cochrane/ Hol­lo­way, 1982, S. 31).

Diese Figu­ren sind die so genann­ten Gestal­ten. Eine gute Gestalt ist die­je­nige, die das Feld so beherrscht, dass sie die Res­sour­cen ver­eint, bis sie eine klare und ver­ein­heit­lichte Gestalt abge­ben.

Gestal­ten kön­nen Wahr­neh­mungs- oder moto­ri­sche Qua­li­tät haben. Ver­hal­ten wird durch erleb­tes Ungleich­ge­wicht auf der Wahr­neh­mungs- und Bewe­gungs­ebene orga­ni­siert. Das Erle­ben des Ungleich­ge­wich­tes ermög­licht dem Men­schen, sich mit Din­gen zu befas­sen, die seine Bedürf­nisse befrie­di­gen (indem es das Gleich­ge­wicht wie­der­her­stellt). Ist die Befrie­di­gung eines domi­nie­ren­den Bedürf­nis­ses abge­schlos­sen, tritt ein neues in den Vor­der­grund.

Perls sieht die Gesam­trich­tung allen Lebens nicht erhal­tungs­ori­en­tiert, son­dern viel­mehr ori­en­tiert an der Selbst­ver­wirk­li­chung. "Jedes Indi­vi­duum, jede Pflanze, jedes Tier hat nur ein ange­bo­re­nes Ziel - sich selbst zu ver­wirk­li­chen" (Perls IN: Cochrane/ Hol­lo­way, 1982, S. 32). Hat ein Mensch sich voll­kom­men selbst ver­wirk­licht, nennt Perls dies Reife (matu­rity). Diese Rei­fung ist nie voll­stän­dig abge­schlos­sen. Es ist ein stän­dig fort­s­chrei­ten­der Pro­zess. Es gibt immer eine Mög­lich­keit, noch grö­ßere Reife zu erlan­gen.

Nach Perls Ein­schät­zung schöp­fen die meis­ten Men­schen nur circa 5-15% ihres Poten­ti­als aus. Wür­den die Men­schen ihr eige­nes Wach­sen zulas­sen, wür­den große Mög­lich­kei­ten dar­aus ent­ste­hen.

 

Erlebensprozess

Allen Men­schen gemein­sam ist auch der Erle­ben­s­pro­zess. "Mit Erle­ben ist das unmit­tel­bare Regis­trie­ren des Orga­nis­mus von allem, was von Augen­blick zu Augen­blick in ihm und um ihn herum geschieht, gemeint" (Cochrane/ Hol­lo­way, 1982, S. 32).

Es gibt nach Perls zwei Sys­teme, durch die der Mensch in Ver­bin­dung mit der Welt steht:

  1. Das sen­so­ri­sche, das den Ori­en­tie­rungs- und den Tast­sinn ent­hält und das dazu dient, den Men­schen in Berüh­rung mit der Welt zu brin­gen.
  2. Das moto­ri­sche Sys­tem, wel­ches das Akti­ons­sys­tem ist, durch das der Mensch etwas in der Welt tut.

Die Ereig­nisse der Wahr­neh­mung und der Bewe­gung kom­men im mensch­li­chen Orga­nis­mus in Form von Gestal­ten zum Aus­druck (d.h. es tre­ten Figu­ren in Erschei­nung). "Die Gestalt ist die letzt­end­li­che Erle­bens­ein­heit. Sie ist das, was phä­no­me­no­lo­gisch erfah­ren wird. Gestal­ten kön­nen nicht ana­ly­siert oder aus­ein­an­der genom­men wer­den" (a.a.O., S. 33).

Erle­ben ist der Pro­zess, durch den der Mensch Bot­schaf­ten von ablau­fen­den Ereig­nis­sen erhält, die in ihm selbst und auch in sei­ner Umge­bung statt­fin­den.

 

Bewusstheit

Ein drit­ter, allen Men­schen gemein­sa­mer Haupt­pro­zess, ist der der Bewuss­t­heit des Erle­bens. Für Perls ist Bewuss­t­heit ein so fun­da­men­ta­les Phä­no­men, dass er vor­schlägt, es neben Aus­deh­nung und Dauer als dritte Dimen­sion der Mate­rie zu betrach­ten. Bewuss­t­heit bezeich­net die Sym­bo­li­sie­rung des Erle­bens auf der Bewusst­seins­ebene. Sie muss nicht unbe­dingt ver­bal sein. Der Bewuss­t­heit steht das Erle­ben jeder­zeit zur Ver­fü­gung, ohne ver­leug­nende oder ver­zer­rende Ver­tei­di­gungs­maß­nah­men.

In der Gestalt­the­ra­pie ist die Bewuss­t­heit der Schlüs­sel zu einer gesun­den Funk­tion des mensch­li­chen Orga­nis­mus. "Bewuss­t­heit ist der Pro­zess einer wachen Auf­merk­sam­keit für das Erle­ben. Bewuss­t­heit umfasst sowohl die Auf­merk­sam­keit für das Selbst, in Form von Bedürf­nis­sen, als auch die Auf­merk­sam­keit gegen­über der Umwelt hin­sicht­lich der Mit­tel zur Erfül­lung der Bedürf­nisse. Bewuss­t­heit wie auch Bewusst­sein hel­fen dem Orga­nis­mus, seine Bedürf­nisse zu fin­den, indem sie sei­nen Aus­tausch mit der Welt koor­di­nie­ren" (Cochrane/ Hol­lo­way, 1982, S. 34). In einem gesun­den Leben geht die Bewuss­t­heit ein­her mit dem nor­ma­len Ver­hal­ten. Perls defi­niert Bewuss­t­heit als eine per­ma­nente Auf­merk­sam­keit für das, was vor sich geht. Bewuss­t­heit ist für Perls not­wen­dig, um nach dem gesun­den Gestalt­prin­zip arbei­ten zu kön­nen, das besagt, dass immer die wich­tigste unab­ge­schlos­sene Situa­tion in Erschei­nung tritt, damit man mit ihr fer­tig wer­den kann (sie erle­di­gen bzw. bea­r­bei­ten kann).

 

Das Selbst und "die Ganze Person"

Dabei ist noch der Begriff des Selbst zu klä­ren. "Für Perls ist das Selbst ein blo­ßer Bezugs­punkt oder Indi­ka­tor des­sen, wer etwas tut, eine Art, die­sen Men­schen von jenem oder ande­ren zu unter­schei­den" (Cochrane/ Hol­lo­way, 1982, S. 34). Es ist das Zen­trum der Per­son, von dem aus er mit der Welt arbei­tet und sie ver­a­r­bei­tet. Alles was geschieht sofort auf­zu­neh­men, bedeu­tet zen­triert zu sein. Die­ses Zen­trum zu errei­chen, d.h. in sei­nem Selbst ver­an­kert zu sein, ist für Perls der höchste Zustand, den ein Mensch errei­chen kann (Auf­merk­sam­keit für das eigene Erle­ben= Zen­triert­heit).

Es gibt also zusam­men­fas­send vier Cha­rak­te­ris­tika der Gestalt­the­ra­pie: Ein­zig­ar­tig­keit, Aktu­a­li­sie­rung, Erle­ben und Bewuss­t­heit. Sind diese Cha­rak­te­ris­tika bei einer Per­son in der ide­a­len Form vor­han­den, erzeu­gen sie einen erfüll­ten Men­schen. Die­ser Typ wird als die "ganze Per­son" (whole per­son) bezeich­net, jemand bei dem Auf­merk­sam­keit und Bewuss­t­heit voll­stän­dig inte­griert sind.

 

Nichterfüllung

Nicht­er­fül­lung bezeich­net Perls auch als Fehl­an­ge­pass­t­heit. Fehl­an­ge­pass­t­heit defi­niert er als eine Wachs­tums­s­tö­rung, die sich auf das Ver­sa­gen des mensch­li­chen Orga­nis­mus zur Rei­fung bezieht. Ein Mensch reift, wenn er fähig ist, sich in pro­ble­ma­ti­schen Situa­ti­o­nen sel­ber zu hel­fen. Eine aus­weg­lose Situa­tion ent­steht dann, wenn äuße­rer Bei­stand und eigene innere Hilfe nicht mehr zur Ver­fü­gung ste­hen und die Fähig­keit zur wirk­li­chen Selbst­hilfe noch nicht erreicht wurde.

Ein fehl­an­ge­pass­ter Mensch ist unfä­hig, seine eige­nen Res­sour­cen zu mobi­li­sie­ren. Perls bezeich­net dies als Löcher in der Per­sön­lich­keit. "Die Löcher sind die feh­len­den Teile sei­nes Selbst, deren er sich ent­frem­det und die er der Welt über­las­sen hat" (Cochrane/ Hol­lo­way, 1982, S. 36). Die­ses Nicht-Sehen der eige­nen Res­sour­cen zeigt dar­über hin­aus eine Blo­ckade in der Ent­wick­lung der Bewuss­t­heit. Nach Perls gibt es vier haupt­säch­li­che Arten, wie Men­schen Bewuss­t­heit blo­ckie­ren:

  1. Die Retroflek­tion: der Mensch bekämpft Wün­sche, Impulse und Ver­hal­ten oder zögert es her­aus. Dies endet in unfer­ti­gem Ver­hal­ten. Die Impulse wer­den gegen das eigene Selbst bzw. den eige­nen Kör­per gerich­tet (z.B. "Krat­zen", "mit den Fin­gern spie­len")
  2. Die Desen­si­bi­li­sie­rung von Sin­nes- und Kör­per­bot­schaf­ten, d.h. der Mensch wird unemp­find­li­cher gegen Bot­schaf­ten des Kör­pers und der Sinne (z.B. durch Rausch­mit­tel, unhin­ter­fragte "Gewohn­hei­ten").
  3. Die unbe­wusste Ein­be­zie­hung frem­der Anschau­un­gen und Motive (Intro­jek­tion) und dem was sie tun "soll­ten" (z.B. "Man spricht nicht laut bei Tisch!")
  4. Die Pro­jek­tion von Erwar­tun­gen, Beur­tei­lun­gen usw. auf andere Per­so­nen. Sie ist viel­leicht die wich­tigste (z.B.: Man ist selbst nei­disch auf das grö­ßere Auto des Nach­barn und unter­stellt ihm nun, er wäre nei­disch auf die eigene neue Garage.)

Wird die Bewuss­t­heit von einem die­ser Sche­mata blo­ckiert, han­delt der Mensch nicht mehr nach Bedürf­nis­sen, die in sei­nem eige­nen Orga­nis­mus ver­an­kert sind. Sol­che Men­schen ver­su­chen weni­ger sich sel­ber mit ihren eige­nen Bedürf­nis­sen, son­dern viel­mehr ein Kon­zept des­sen, was sie glau­ben sein zu müs­sen, zu ver­wirk­li­chen.

Im Falle von Fehl­an­ge­pass­t­heit ist also das Erle­ben der Per­son nicht der Bewuss­t­heit zugäng­lich gemacht. Etwas außer­halb des Men­schen wurde eine füh­rende Rolle über­las­sen und die eigene Bewer­tung in den Hin­ter­grund gedrängt bzw. abge­stellt. Der Kon­troll­punkt des Men­schen ist nicht mehr in ihm sel­ber, son­dern von außen gesetzt. "Der Bewuss­t­heits­pro­zess ist ver­sperrt und blo­ckiert. Eine fehl­an­ge­passte Per­son han­delt nur auf­grund von Teil­da­ten, die ihr poten­ti­ell zur Ver­fü­gung ste­hen. Weil sie in ihrer Wahr­neh­mung ein­ge­schränkt ist, sind ihre Ver­hal­tens­mög­lich­kei­ten begrenzt" (a.a.O., S. 37).

 

Wiederherstellung von Erfüllung

Perls (1969) bemerkte fol­gen­des über das Ziel der Gestalt­the­ra­pie:

"Wor­auf wir aus sind, ist das Rei­fen der Per­son, die Blo­cka­den zu besei­ti­gen, die eine Per­son daran hin­dern, auf eige­nen Füßen zu ste­hen. Wir ver­su­chen, ihr beim Über­g­ang von äuße­rer Unter­stüt­zung zur Selbst­hilfe zu hel­fen" (Perls IN: Cochrane/ Hol­lo­way, 1982, S. 38).

Wei­ter bemerkt er: "Das, was wir in der The­ra­pie zu tun ver­su­chen, ist, die ent­eig­ne­ten Teile der Per­sön­lich­keit Schritt für Schritt wie­der­ein­zu­ver­lei­ben, bis die Per­son genü­gend stark ist, das eigene Wach­sen selbst in die Hand zu neh­men" (a.a.O., S. 38).

In ande­ren Wor­ten bedeu­tet dies, dass die Gestalt­the­ra­pie als Ziel for­mu­liert, die Auf­merk­sam­keit und die Bewuss­t­heit der Per­son wie­der zu inte­grie­ren und somit dem Pro­zess der Bedürf­ni­s­er­fül­lung wie­der sei­nen freien Lauf zu las­sen. Ein wei­te­res Ziel der Gestalt­the­ra­pie ist es, die eigene Pro­blem­lö­se­fä­hig­keit des Pati­en­ten zu för­dern. So ist eine wich­tige Auf­gabe des The­ra­peu­ten, zu bestim­men, unter wel­chen Bedin­gun­gen der Pati­ent seine Pro­blem­lö­se­fä­hig­keit am bes­ten ent­fal­ten kann. Der The­ra­peut löst nicht unmit­tel­bar das Pro­blem, son­dern arbei­tet daran, die Pro­zesse frei­zu­le­gen, durch die der Pati­ent seine eige­nen Pro­bleme lösen und sich selbst hel­fen kann. Der The­ra­peut hilft dem Pati­en­ten, die Bar­rie­ren, die seine Bewuss­t­heit blo­ckie­ren, zu über­win­den.

 

Bedingungen für die Therapie

In der Dar­stel­lung der Gestalt­the­ra­pie von Cochrane und Hol­lo­way beschrei­ben sie sechs Bedin­gun­gen, die für das Gelin­gen der The­ra­pie gewähr­leis­tet sein müs­sen. Dabei beto­nen sie, dass es ihre eige­nen Schluss­fol­ge­run­gen (die Beto­nung liegt auf Fol­ge­run­gen) sind, die sie aus Perls Aus­füh­run­gen gezo­gen haben.

  1. Eine not­wen­dige Bedin­gung der The­ra­pie ist nach Perls (1969), dass die The­ra­pie sich inner­halb des per­sön­li­chen Berei­ches des Pati­en­ten befin­det. Der Pati­ent muss bereit sein zu arbei­ten. Diese Bedin­gung bezeich­net er als Bereit­wil­lig­keit" (Good­will).
  2. Der The­ra­peut muss Ver­ant­wor­tung für sei­nen Bei­trag an der Bezie­hung über­neh­men. Seine Kom­mu­ni­ka­tion mit dem Pati­en­ten muss bewusst, ver­ant­wort­lich und direkt sein. Perls beschreibt es fol­gend: "...Ich will meine Posi­tion abklä­ren. Ich bin nur für mich selbst ver­ant­wort­lich und für nie­man­den sonst. Ich trage keine Ver­ant­wor­tung für irgend jemand von euch - ihr seid für euch selbst ver­ant­wort­lich" (Perls IN: Cochrane/ Hol­lo­way, 1982, S. 39-40).
     
    Die For­de­rung, dass der The­ra­peut selbst eine bewusste Per­son sein muss, hat Perls mit Nach­druck ver­tre­ten. Ist er keine bewusste Per­son, besteht die Gefahr, dass er seine eige­nen Neu­ro­sen mit dem Pati­en­ten durch­spielt, oder aber ein Hel­fers­hel­fer in dem mani­pu­la­ti­ven Spiel des Pati­en­ten wird.
  3. Der The­ra­peut muss fähig sein, die gesamte Kom­mu­ni­ka­tion (d.h. nicht nur die ver­bal und bewusst geäu­ßerte) des Pati­en­ten wahr­zu­neh­men. Perls sagt dazu: "Ver­bale Kom­mu­ni­ka­tion ist nor­ma­le­r­weise Lüge. Die wahre Kom­mu­ni­ka­tion fin­det hin­ter den Wor­ten statt. So höre also nicht auf Worte, son­dern höre auf das, was die Stimme dir sagt, was die Bewe­gun­gen dir sagen, was die Kör­per­hal­tung dir sagt, was der Gesamt­ein­druck dir sagt ..." (Perls IN: Cochrane/ Hol­lo­way, 1982, S. 40).
     
    Diese so gewon­ne­nen Infor­ma­ti­o­nen muss der The­ra­peut dem Pati­en­ten zurück­mel­den, damit sie ihm bewusst wer­den.
  4. Die Funk­tion des The­ra­peu­ten besteht dar­aus, dass er dem Pati­en­ten dabei hilft, sich des­ge­gen­wär­ti­gen Ver­hal­tens bewusst zu wer­den. Es geht um die Bewuss­t­heit des Hier-und-Jetzt.
  5. "Die Inter­ven­ti­o­nen des The­ra­peu­ten müs­sen die Erwei­te­rung des Anspruchs des Pati­en­ten auf Ver­ant­wor­tung für sein eige­nes Leben bewir­ken" (a.a.O., S. 40). Um das zu rea­li­sie­ren, muss der The­ra­peut eine Situa­tion schaf­fen, in der die Per­son wach­sen kann. Mit­tel dazu ist, den Pati­en­ten in einer sol­chen Weise zu frus­trie­ren, dass er gezwun­gen ist sein eige­nes Poten­tial zu ent­wi­ckeln. Er muss in der The­ra­pie erken­nen, dass das, was er vom The­ra­peu­ten erwar­tet, auch von ihm sel­ber geleis­tet wer­den kann.
  6. Ein wei­te­rer wich­ti­ger Punkt ist, dass der The­ra­peut sich in sei­ner Inter­ven­tion mit Inter­pre­ta­ti­o­nen zurück­hält. Das wich­tigste Ziel ist, dass der Pati­ent sein Erle­ben dem Bewusst­sein zugäng­lich macht. Perls sagt dazu: "Je mehr du dich von Inter­ven­ti­o­nen zurück­hältst, und davon, dem Pati­en­ten zu sagen, wie er ist oder wie er fühlt, desto mehr Chan­cen gibst du ihm, sich selbst auf­zu­de­cken und nicht irre­ge­lei­tet zu wer­den von dei­nen Kon­zep­ten und Pro­jek­ti­o­nen" (Perls in: Cochrane/ Hol­lo­way, 1982, S. 41).
 

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