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Krankheitsbilder

Spin­nen­pho­bie (Arach­no­pho­bie)

Fall­dar­stel­lung

Spinnenphobie

Was emp­fin­den Sie beim Anblick einer Spinne, einer Maus, einer Katze, eines Hun­des oder einer Schlange?

Angst? Panik? Oder ein­fach nur Unwohl­sein und Ekel? Im letz­te­ren Falle haben Sie Glück gehabt, dann sind Sie kein Pho­bi­ker!

Die Angst bzw. Panik ist dann als Pho­bie zu bezeich­nen, sobald der Pati­ent immer mehr sein Leben danach aus­rich­tet, wenn er bestimm­ten Situa­ti­o­nen aus­weicht, um der Gefahr einer mög­li­chen Kon­fron­ta­tion zu ent­ge­hen. Im Falle einer Begeg­nung mit dem Objekt der Angst kommt es zu Atem­not, Schweiß­aus­brü­chen und schließ­lich zu einem Wein­krampf, wenn die Anspan­nung nach­lässt. Pho­bi­ker emp­fin­den das Objekt ihrer Angst als extreme Bedro­hung.

Da ich unter der Arach­no­pho­bie, also unter der Spin­nen­angst litt, möchte ich mich hier im spe­zi­el­len auf diese Pho­bie beschrän­ken. Ich hätte frü­her – vor mei­ner The­ra­pie – geschwo­ren, dass mein Herz ein­fach ste­hen blei­ben würde, könnte ich einer bedroh­li­chen Situa­tion mit einer Spinne nicht ent­flie­hen.

ch ver­mied Auf­ent­halte im Freien und fühlte mich abends im Freien sehr unwohl. Egal, wo auch immer ich mich auf­hielt, meine unmit­tel­bare Umge­bung wurde sofort nach Spin­nen abge­sucht – ganz auto­ma­tisch. Ich betrat zum Bei­spiel keine Toi­lette, in der eine Spinne in der Ecke saß. Meine Woh­nung war stets her­me­tisch abge­rie­gelt. Zum Lüf­ten wur­den nur bestimmte Fens­ter geöff­net, an denen Flie­gen­git­ter ange­bracht waren. Abends bzw. in der Däm­me­rung durfte die Ter­ras­sen­tür immer nur kurz zum Hin­ein- oder Hin­aus­ge­hen geöff­net wer­den. Auch Gäste wur­den gebe­ten, sich an meine Anwei­sun­gen zu hal­ten. Man sollte es nicht glau­ben, aber man schränkt sich im Laufe der Jahre tat­säch­lich sehr ein, ohne dass es einem so rich­tig bewusst wird. Ich bin mir ziem­lich sicher, dass Fremde, die von mei­ner Pho­bie nichts wuss­ten, gar nichts davon merk­ten.

Wie rea­gierte ich, wenn ich trotz aller Vor­sichts­maß­nah­men doch einer Spinne begeg­nete?

Wenn die Spinne einen gewis­sen Sicher­heits­ab­stand zu mir hatte und "nur" irgendwo an der Wand saß, konnte ich ziem­lich beherrscht darum bit­ten, die Spinne zu ent­fer­nen, aller­dings auch das nur nach von mir bestimm­ten Regeln. Weber­knechte muss­ten ein­ge­saugt und die fet­ten, schwa­r­zen Spin­nen mit einem Glas ein­ge­fan­gen und aus­ge­setzt wer­den. Wehe, jemand machte eine Spinne auf dem Boden oder an der Wand platt, dann war ein Wut­an­fall gesi­chert. Pho­bi­ker emp­fin­den näm­lich alles als unrein und ver­seucht, das mit dem Objekt ihrer Angst in Berüh­rung kommt. So konnte ich auch nie­man­dem die Hand geben von dem ich wusste, dass er Spin­nen mit der blo­ßen Hand anfasst.

Wenn ich dage­gen unvor­be­rei­tet auf eine Spinne traf, rea­gierte ich je nach Situa­tion mal mehr, mal weni­ger hef­tig. Meis­tens brachte ich mich so schnell wie mög­lich aus der Gefah­ren­zone. Dabei raste mein Herz, meine Hände zit­ter­ten und nach­dem die Spinne besei­tigt war, konnte es sein, dass ich einen Wein­krampf bekam. Gro­ßer Gott, meine Begeg­nun­gen mit die­sen Vie­chern wür­den ganze Bände fül­len.

Wie gin­gen die Leute in mei­ner unmit­tel­ba­rer Nähe mit mei­ner Pho­bie um?

Meine Eltern, die das Drama von Anfang an mit­ge­macht haben, waren ver­mut­lich ziem­lich genervt von mir und mein Mann, der ganz zu Anfang unse­rer Bezie­hung meinte, dass er die­ses The­a­ter sicher nicht auf Dauer mit­ma­chen würde, räumte spä­ter treu und brav jede Spinne aus dem Weg. Mei­nen Bru­der brachte ich spä­ter sogar mit sei­nen heiß gelieb­ten Käse­spätzle dazu, die paar Kilo­me­ter von sei­ner Woh­nung zu mei­ner zu fah­ren, um mir irgend­wel­che Spin­nen zu besei­ti­gen, die ich ent­we­der zit­ternd in Not­wehr erschla­gen hatte oder auf die ich kur­zer­hand eine Fla­sche stellte, um sie am Wei­ter­lau­fen zu hin­dern. Mei­ner Fan­ta­sie waren hier keine Gren­zen gesetzt – Not macht erfin­de­risch, nicht wahr?

Die Odys­see, einen The­ra­pie­platz zu fin­den:

Zum ers­ten Mal unter­nahm ich mit 15 Jah­ren den Ver­such, an eine The­ra­pie her­an­zu­kom­men, als es mir uner­träg­lich erschien, den Rest mei­nes Lebens so zu ver­brin­gen. Lei­der geriet ich damals an den falschen Arzt, der mir statt einer The­ra­pie lächelnd und mit­lei­dig emp­fahl, mich doch ein­ge­hend mit die­sen Tie­ren zu beschäf­ti­gen, dann würde sich diese Angst mit der Zeit schon geben. Meine Güte, habe ich mich damals dafür geschämt! Es fiel mir sowieso schwer genug zu die­sem Thema jeman­den um Hilfe zu bit­ten.

Auf­grund die­ser Erfah­rung war für mich das Thema The­ra­pie, das damals ja auch noch nicht so geläu­fig war wie heute, auf Eis gelegt. Erst viel spä­ter, mit schät­zungs­weise 36 Jah­ren unter­nahm ich einen wei­te­ren Anlauf und lan­dete lei­der bei einer so genann­ten Psy­cho­lo­gin, die über­haupt keine Ahnung von der Mate­rie hatte. So schmiss ich diese The­ra­pie nach einem Jahr hin.

Mein Mann hörte dann schließ­lich eines Tages einen Auf­ruf im Radio, dass die Uni­kli­nik in Tübin­gen Test­per­so­nen, die an einer Spin­nen­pho­bie lei­den, suchte. Lei­der kam ich für die­sen Ver­such auch nicht in Frage, weil ich zu der Zeit noch geraucht und Hor­mon­prä­pa­rate zu mir genom­men habe. Sie kön­nen sich sicher vor­stel­len, wie ent­täuscht ich war. Aller­dings erhielt ich dort den Tipp, mich an die psy­cho­lo­gi­sche Ambu­lanz der Kli­nik zu wen­den. Mir wurde erklärt, dass es mög­lich sei, dort eine Ein­zelthe­ra­pie zu machen. Dass es schlus­s­end­lich so ein­fach war an eine The­ra­pie zu kom­men, hätte ich nicht für mög­lich gehal­ten. Doch ich schöpfte nach all den Ent­täu­schun­gen wie­der Hoff­nung.

Meine The­ra­peu­tin erzählte mir dann, dass es diese Psy­cho­lo­gi­schen Ambu­lan­zen auch an ande­ren Kli­ni­ken gäbe. Den wei­ten Weg nach Tübin­gen nahm ich jedoch gerne in Kauf, da man mir hier glü­ck­li­cher­weise sehr bald einen The­ra­pie­platz anbie­ten konnte.

Wie ver­lief diese The­ra­pie?

Am Anfang fand ein ers­tes Gespräch statt. Bis zum nächs­ten Ter­min musste eine ganze Samm­lung von Fra­ge­bo­gen aus­ge­füllt wer­den, die sich mit Fra­gen zu mei­nem Leben befass­ten. Es ging bei der The­ma­tik von der kör­per­li­chen Gesund­heit über Fra­gen zur Lebens­ein­stel­lung bis zu tie­fen­psy­cho­lo­gi­schen Fra­gen, die im Anschluss daran in den nächs­ten zwei Sit­zun­gen erör­tert wur­den. Erst danach fing die eigent­li­che Behand­lung an

Zu Beginn der The­ra­pie wurde fest­ge­legt, wel­ches Ziel ich ver­folgte, was ich erler­nen wollte. Mein Ziel, das mir zu die­sem Zeit­punkt noch uner­reich­bar erschien, muss jedem Nicht-Pho­bi­ker ein ver­ächt­li­ches Lächeln ent­lo­cken. Ich nahm mir näm­lich vor, dass ich eines Tages selbst in der Lage sein wollte, eine Spinne aus mei­ner Woh­nung zu ent­fer­nen. Ich wollte nie ein Held wer­den und künf­tig eine Spin­nen­zucht auf­ma­chen oder mir ein Ter­ra­rium mit Vogel­spin­nen hal­ten.

Und so fin­gen wir ganz lang­sam mit dem Foto einer Spinne an, gin­gen dann ziem­lich bald zu der lee­ren Hülle einer Vogel­spinne über und arbei­te­ten irgend­wann mit leben­den Tie­ren. Man darf es sich aber nicht so vor­stel­len, dass ich gegen mei­nen Wil­len zu irgend etwas gezwun­gen wor­den wäre, was ganz zu Anfang meine größte Sorge war, denn man hört ja wirk­lich immer wie­der von Schock­the­ra­pien, bei denen der Wille der Pati­en­ten gebro­chen wird. Wer jetzt aller­dings glaubt, dass das Ganze ein Spa­zier­gang war, der irrt sich gewal­tig. Ich musste mich immer wie­der selbst zwin­gen und wurde natür­lich von mei­ner The­ra­peu­tin ent­spre­chend dazu moti­viert, immer wie­der einen Schritt wei­ter zu gehen. Und immer wie­der musste ich zu Hause üben, was ich in der The­ra­pie­stunde gelernt hatte. Üben, üben, üben bis zum Erbre­chen...

Die Frage, ob ich nun nach fast andert­halb Jah­ren The­ra­pie end­gül­tig geheilt bin, stelle ich mir sehr häu­fig. Ich ertappe mich oft dabei, wie ich in der Däm­me­rung die Ter­ras­sen­tür schließe und mich frage, ob ich es wirk­lich nur wegen der Stech­mü­cken getan habe oder ob ich mir auch noch andere Tier­chen vom Hals hal­ten will. Aber wie auch immer, ich würde es eher so beschrei­ben, dass mir Spin­nen immer noch unan­ge­nehm sind, aber dass ich inzwi­schen wirk­lich in der Lage bin, sie ein­fach kur­zer­hand ins Freie zu beför­dern, wenn sie mei­nen Weg kreu­zen oder auch mal den Weber­knecht in der Ecke zu igno­rie­ren. Ich habe auch nicht mehr das Gefühl, dass alle Spin­nen die­ser Welt sich aus­ge­rech­net meine Woh­nung als Asyl aus­su­chen. Inzwi­schen weiß ich, dass sie wirk­lich vor mir davon lau­fen und nicht umge­kehrt. Außer­dem habe ich mir abge­wöhnt alle Räume, die ich betrete, nach Spin­nen abzu­su­chen – ich muss zuge­ben, selbst das war nicht ein­fach.

Jedes Mal, wenn ich wäh­rend der The­ra­pie Beden­ken oder Angst vor dem nächs­ten Schritt hatte, fragte mich meine The­ra­peu­tin: "Und wenn schon? Was kann im schlimms­ten Fall pas­sie­ren?" Und wenn man ehr­lich ist, es kann eigent­lich nichts pas­sie­ren. Man über­lebt alles. Sollte mir heute mal eine Spinne tat­säch­lich zu nahe kom­men, werde ich bestimmt immer noch erschre­cken, aber mich wird nicht mehr die Panik über­wäl­ti­gen. Ich werde sie ein­fach mit der Hand abstrei­fen, mich schüt­teln und sagen: "Igitt, ver­schwinde!"

Kön­nen Sie sich eben­falls mit den von mir beschrie­be­nen Situa­ti­o­nen iden­ti­fi­zie­ren? Erken­nen Sie sich in man­cher mei­ner Reak­ti­o­nen wie­der? Möch­ten Sie nach­voll­zie­hen, wie eine The­ra­pie funk­tio­niert? Schritt für Schritt?

Das Buch zum Fall

Um ande­ren Betrof­fe­nen zu hel­fen und auf­zu­zei­gen, wie man es schaf­fen kann, habe ich meine The­ra­pie in Form eines Tage­bu­ches auf über 150 Sei­ten fest­ge­hal­ten. Sorg­fäl­tig von Anfang an, mit all mei­nen Gefüh­len, Ängs­ten, Erfol­gen, aber auch Rück­schlä­gen.

Erschie­nen ist die­ses Tage­buch von Gabriele See­ger-Schmie­tow als Ebook unter dem Titel "Spinne ich – oder was?"

 
 

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