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Per­sön­lich­keits­ent­wick­lung und Ent­wick­lungs­schritte beim Kind

Von den ers­ten drei Mona­ten bis zum sechs­ten Lebens­jahr

 

Persönlichkeitsentwicklung Entwicklungsschritte beim Kind

 
 

Die Entwicklung der menschlichen Persönlichkeit

 

Men­schen unter­lie­gen einem stän­di­gen Ver­än­de­rungs­pro­zess, der vor allem in den frü­hen Lebens­ab­schnit­ten durch Wachs­tum, Rei­fung und Dif­fe­ren­zie­rung gekenn­zeich­net ist. Spä­ter ist es wich­tig, die in der Kind­heit auf­ge­baute Struk­tur der Per­sön­lich­keit zu erhal­ten und zu sta­bi­li­sie­ren. Das Indi­vi­duum steht in einer Wech­sel­be­zie­hung zu sei­ner Umwelt, d.h. mit den Men­schen und Din­gen, die für den Men­schen Bedeu­tung haben. Diese Wech­sel­be­zie­hung spielt eine zen­trale Rolle bei die­ser Ent­wick­lung. Jede Ent­wick­lungs­phase des Kin­des hat ihren eige­nen Wert und ihre eigene Bedeu­tung für die Ent­wick­lung, und alle Ent­wick­lungs­stu­fen hin­ter­las­sen im Men­schen eine Erin­ne­rungs­spur. Sie blei­ben als Mög­lich­kei­ten des Erle­bens und Funk­tio­nie­rens erhal­ten und kön­nen in bestimm­ten Situa­ti­o­nen wie­der­be­lebt wer­den. So kön­nen Erfah­run­gen und Erle­bens­wei­sen wie­der auf­tau­chen, die dem bewuss­ten Gedächt­nis ent­fal­len oder nie in ihm gespei­chert wur­den. 

Für das psy­cho­ana­ly­ti­sche Kon­zept ist es wich­tig zu erfah­ren, was in den frü­he­ren Lebens­ab­schnit­ten erlebt wurde, denn diese Erfah­run­gen wer­den als Unter­grund des spä­te­ren Füh­lens und Den­kens ange­se­hen. Es gibt in der kind­li­chen Ent­wick­lung zahl­rei­che Stö­rungs­mög­lich­kei­ten und Fehl­ent­wick­lun­gen, die eine Anlage für eine spä­tere Sym­ptom­bil­dung abge­ben kön­nen. Dass gerade den frü­he­ren Lebens­jah­ren so große Bedeu­tung zukommt liegt an der Tat­sa­che, dass Stör­fak­to­ren in die­sen Pha­sen auf rei­fende Funk­ti­o­nen tref­fen, d.h. Funk­ti­o­nen, die das Kind in die­sen Pha­sen ler­nen muss. Aus die­sem Grund ist die Bezie­hung zu den Eltern so wich­tig, da sie die Bezugs­per­so­nen des Kin­des sind, von dem das Kind abhän­gig ist und von denen es alle wich­ti­gen Funk­ti­o­nen ler­nen soll. Kön­nen die Eltern das Kind nicht aus­rei­chend lie­ben und unter­stüt­zen und ihm keine ver­läss­li­che Bezie­hung bie­ten, kann es zu gra­vie­ren­den Stö­run­gen in der kind­li­chen Ent­wick­lung kom­men.

 

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Die ersten drei Monate beim Baby - Grundlagen der Kommunikation

 

a) Kör­per­li­che Ent­wick­lung

Um zu über­le­ben, ist das Neu­ge­bo­rene davon abhän­gig, dass seine kör­per­li­chen Bedürf­nisse, wie Nah­rung, Wärme, Haut­pflege, Reiz­zu­fuhr bzw. Reiz­schutz, von einer Betreu­ungs­per­son ver­läss­lich zur Kennt­nis genom­men und befrie­digt wer­den. Die Moto­rik ist noch völ­lig unge­rich­tet, und die opti­sche und akus­ti­sche Wahr­neh­mung muss erst noch ent­wi­ckelt wer­den.

b) Psy­chi­sche Ent­wick­lung

Die Gefühle des Säug­lings sind kör­per­nah und schwan­ken zwi­schen den Polen schläf­ri­gen Wohl­be­ha­gens und wacher Auf­merk­sam­keit. Es wird davon aus­ge­gan­gen, dass das Kind noch kein erle­ben­des Ich hat und dem­ent­spre­chend auch noch keine Unter­schei­dung zwi­schen der eige­nen Per­son und ande­ren Men­schen und Din­gen kennt. Neu­ere For­schungs­an­sätze wei­chen hier­von zum Teil ab und gehen davon aus, dass das Kind bereits in die­sem Alter in der Lage ist, Dif­fe­ren­zie­run­gen vor­zu­neh­men (der "intel­li­gente Säug­ling"). Im wesent­li­chen ändert dies aber nichts an der Tat­sa­che, dass der Säug­ling auf die Unter­stüt­zungs­funk­ti­o­nen sei­ner Umwelt ange­wie­sen ist, um seine psy­chi­sche Ent­wick­lung posi­tiv vor­an­trei­ben zu kön­nen.

c) Sozi­ale Ent­wick­lung

Da das Neu­ge­bo­rene voll­stän­dig dar­auf ange­wie­sen ist, von den Erwach­se­nen ver­sorgt zu wer­den und die Erwach­se­nen einen Groß­teil ihrer Auf­merk­sam­keit dar­auf rich­ten müs­sen, diese Ver­sor­gungs­auf­ga­ben zu erfül­len, ent­steht eine höchst spe­zi­fi­sche Bezie­hungs­form. Es ist eine extrem asym­me­tri­sche Bezie­hung, da der eine ganz für den ande­ren da sein muss, ohne dass dies umge­kehrt mög­lich ist.

Die Bezie­hung beschränkt sich nicht auf die kör­per­li­che Ver­sor­gung. Das Kind hat von Geburt an eine beson­dere Auf­merk­sam­keit für beweg­li­che Dinge (beson­ders das mensch­li­che Gesicht), und der Säug­ling akti­viert beim Erwach­se­nen ange­bo­rene Ver­hal­tens­mus­ter, die Auf­merk­sam­keit, Für­sorg­lich­keit und Behut­sam­keit und spe­zi­elle Sequen­zen des Kon­takt­ver­hal­tens bein­hal­ten.

"Die ange­bo­rene Auf­merk­sam­keit des Säug­lings für das leben­dige mensch­li­che Gesicht, seine prin­zi­pi­elle neu­gie­rige Aus­rich­tung auf etwas, das nach und nach als das andere, das Drau­ßen, das Nicht-Ich erfah­ren wird, lässt sich als Inten­ti­o­na­li­tät [Aus­rich­tung der psy­chi­schen Akti­vi­tät auf ein rea­les Ziel, der Verf.] beschrei­ben. Diese her­an­rei­fende, sich ent­fal­tende Funk­tion der Inten­ti­o­na­li­tät stellt die Grund­lage für den Auf­bau des Kom­mu­ni­ka­ti­ons-Sys­tems dar, für den Aus­tausch von Signa­len zwi­schen einem all­mäh­lich erwa­chen­den Sub­jekt und einem inter­es­san­ten Drau­ßen, das zunächst noch keine per­so­nale Kon­tur besitzt, son­dern größ­ten­teils atmo­sphä­risch, medial erscheint" (Rudolf, 1996, S. 28).

d) Mög­li­che Stö­run­gen und ihre Fol­gen

Das Kind ist in die­ser Ent­wick­lungs­phase ganz beson­ders auf die ver­läss­li­che Ver­sor­gung durch die Erwach­se­nen ange­wie­sen, auf Ange­bot von Nah­rung, Haut- und Blick­kon­takt, aus­rei­chende Reiz­zu­fuhr und Schutz vor Reiz­über­flu­tung. Daher spielt die so genannte "Pas­sung" zwi­schen Kind und Bezie­hungs­per­son in die­ser Phase eine wich­tige Rolle.

In den frü­hen Lebens­ab­schnit­ten ent­wi­ckeln sich Kern­be­rei­che der Per­sön­lich­keit, vor allem eine all­ge­meine emo­ti­o­nale Auf­merk­sam­keit für die Welt und die Men­schen, die so genannte Inten­ti­o­na­li­tät (s.o.), und es ent­wi­ckelt sich ein grund­sätz­li­ches Wis­sen dar­über, dass eine kom­mu­ni­ka­tive Brü­cke zu ande­ren Men­schen mög­lich ist. Diese frü­hen Erfah­run­gen des Sicht-Auf­ein­an­der-Ein­stel­lens (Syn­chro­ni­sie­rung) wer­den als beru­hi­gend erlebt. "Wenn auf­grund frü­her Ein­schrän­kun­gen diese banale Zuver­sicht nicht ent­wi­ckelt wer­den konnte, wenn bei man­geln­der emo­ti­o­na­ler Ver­füg­bar­keit der erwach­se­nen Bezugs­per­son und bei feh­len­der Erfah­rung der Syn­chro­ni­sie­rung der frühe emo­ti­o­nale Kern der Per­sön­lich­keit labi­a­li­siert bleibt, dann besteht die Gefahr, dass der spä­tere Erwach­sene in bestimm­ten Belas­tungs­si­tua­ti­o­nen das Erle­ben hat, den Bezug zur Welt und damit auch zu sich selbst zu ver­lie­ren; er ver­liert die Über­zeu­gung eines kör­per­li­chen und psy­chi­schen Ich ebenso wie die Evi­denz einer wirk­li­chen Welt, was als Welt­un­ter­gangs­ge­fühl und Selbst­ver­lus­ter­le­ben pani­sche Angst aus­lö­sen kann" (Rudolf, 1996, S. 29). Diese Gefühle wer­den durch spe­zi­fi­sche Abwehr­for­men ver­mie­den. Nach psy­cho­ana­ly­ti­scher Sicht hat der Aus­bruch psy­cho­ti­scher oder psy­cho­so­ma­ti­scher Sym­ptome damit zu tun, dass diese Abwehr zusam­men­bricht.

 

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Das erste Lebensjahr beim Kleinkind - Aufbau des Bindungssystems

 

a) Kör­per­li­che Ent­wick­lung beim Klein­kind

Am Ende des ers­ten Vier­tel­jah­res wächst das Inter­esse des Kin­des an der Umwelt und seine Fähig­keit, sich mit ihr zu beschäf­ti­gen, von Tag zu Tag. Es bil­det sich die Fähig­keit her­aus, die Auf­merk­sam­keit aktiv auf etwas Bestimm­tes aus­zu­rich­ten, und das Kind beginnt, seine moto­ri­schen Fähig­kei­ten zu ent­wi­ckeln.

b) Psy­chi­sche Ent­wick­lung beim Klein­kind

Diese aktive Bezo­gen­heit der Wahr­neh­mung und des Han­delns auf andere Men­schen begrün­det nach und nach die Erfah­rung der eige­nen Per­son (der Ich-haf­tig­keit). Das Kind lernt durch die Beschäf­ti­gung mit ande­ren Men­schen und Din­gen, zwi­schen Ich und Nicht-Ich zu unter­schei­den. "Indem es sel­ber han­delt, seine Hand­lun­gen initi­iert und kon­trol­liert, mehr und mehr Kom­pe­ten­zen erwirbt und dabei sicht­lich Funk­ti­ons­lust erlebt, wird es zuneh­mend zu einer psy­chi­schen Ein­heit mit einem "Ich" als Kern und abge­grenzt vom unbe­leb­ten und per­so­na­len Nicht-Ich" (Rudolf, 1996, S. 30). Inner­halb die­ser sich zuneh­mend dif­fe­ren­zie­ren­den Welt der Per­so­nen heben sich wich­tige her­aus, indem sie mit posi­ti­ven Gefühle belegt wer­den. In der zwei­ten Jah­res­hälfte kann das Kind die wich­tigste Bezie­hungs­per­son iden­ti­fi­zie­ren. Die so genannte "Acht-Monats-Angst" zeigt die ängst­li­che Reak­tion des Kin­des unver­trau­ten Per­so­nen gegen­über (und somit auch die Fähig­keit zu unter­schei­den).

Die Gefühle des Säug­lings zen­trie­ren sich zwi­schen dem Gefühl der Zufrie­den­heit und dem der Unlust. Gefühle der Unlust kön­nen durch Hun­ger, Durst, Wärme, Kälte, zu wenig oder zu viel Reiz­zu­fuhr oder aus kör­per­li­chen Beschwer­den ver­ur­sacht wer­den. Für das Aus­maß und die Inten­si­tät der Unlust (natür­lich auch der Zufrie­den­heit, die nur durch eine lie­be­volle und ver­läss­li­che Ver­sor­gung gewähr­leis­tet ist) ist zu einem gro­ßen Teil die Fähig­keit der Bezugs­per­son, diese Unlust­ge­fühle auf­zu­fan­gen, ver­ant­wort­lich. Grö­ßere Men­gen an Unlust und die damit ver­bun­dene kör­per­li­che und gefühls­mä­ßige Erre­gung kann das Kind nicht ohne die Hilfe der Bezugs­per­son ver­a­r­bei­ten.

c) Sozi­ale Ent­wick­lung beim Klein­kind

Hier geht es nun darum, dass in den ers­ten Lebens­wo­chen ent­stan­dene Bezie­hungs­sys­tem aus­zu­bauen. Am Ende die­ser Ent­wick­lung soll die Bin­dung zwi­schen den Bezie­hungs­part­nern ste­hen. Diese Bin­dung soll ein ver­läss­li­ches sozi­a­les Sys­tem bil­den, in dem einer das Bild des ande­ren ver­läss­lich ver­in­ner­licht hat und nun die Nähe und den Kon­takt her­stel­len und bei­be­hal­ten will. Im Rah­men der asym­me­tri­schen Bezie­hung ist der Erwach­sene der­je­nige, der dem Kind unter­stüt­zend zur Ver­fü­gung steht. Das Kind ist abhän­gig, und die Ent­fer­nung der ver­sor­gen­den Bezie­hungs­per­son löst bei ihm starke Angst aus. Das Kind sucht von Anfang an eine Bezugs­per­son und ist sozial aktiv. Es ist das Kind selbst, das durch sein Ver­hal­ten die Erwach­se­nen dazu bringt, mit ihm in Bezie­hung zu tre­ten. An die­ser Bezie­hung lernt und übt das Kind mensch­li­che Bezo­gen­heit.

Ab dem 7.-9. Monat ist die Fähig­keit, sich auf­ein­an­der ein­zu­stel­len so weit fort­ge­schrit­ten, dass das Kind und seine Bezie­hungs­per­son gemein­same Hand­lungs­ab­sich­ten, Ziele der Auf­merk­sam­keit und auf­ein­an­der abge­stimmte Gefühls­zu­stände aus­bil­den kön­nen.

Die sich ent­wi­ckelnde Bezie­hung zwi­schen der Bezugs­per­son und dem Kind ist indi­vi­du­ell und ganz per­sön­lich. Das Kind braucht die Sicher­heit, diese Bezie­hung sowohl her­stel­len, als auch regu­lie­ren zu kön­nen. Diese Sicher­heit bedeu­tet für das Kind Ver­trauen darin, dass diese Per­son ihm ver­läss­lich zuge­wandt ist, und sie ist not­wen­dig dafür, dass das Kind Ver­trauen in die eigene Fähig­keit, Bezie­hun­gen auf­zu­bauen, erhält. "So lernt das Kind in der frü­hen Bezie­hung zugleich sich selbst über den ande­ren ken­nen und lie­ben. Es lernt, ver­ein­facht gesagt, wie man Bezie­hun­gen her­stellt, wie man sie regu­liert und ob man sich prin­zi­pi­ell auf sie ver­las­sen kann. So erwächst aus dem stän­di­gen Gebrauch des frü­hen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­sys­tems die Zuver­sicht, darin ver­stan­den und ange­nom­men zu wer­den, sel­ber "rich­tig" zu sein und das rich­tige Gegen­über zu haben.

Wich­tig ist, dass die frühe Bezugs­per­son "gut genug" ist (Win­ni­cott ["the good enough mother", d. Verf.]). Dazu müs­sen die Bedürf­tig­keit des Kin­des und die Ver­füg­bar­keit des Erwach­se­nen so zuein­an­der pas­sen, dass die unver­meid­li­chen Frus­tra­ti­o­nen und Ent­täu­schun­gen in ihrer Inten­si­tät und Dauer für das Kind ertrag­bar blei­ben" (Rudolf, 1996, S. 31).

d) Fehl­ent­wick­lung beim Klein­kind

Hier geht es um Risi­ko­fak­to­ren für mög­li­che Fehl­ent­wick­lun­gen. Ob das ein­zelne Kind eine Belas­tungs­si­tua­tion aktu­ell aus­hal­ten oder auch spä­ter aus­glei­chen kann, oder ob es zu einer Ent­wick­lungs­stö­rung kommt, hängt von vie­len Ein­flüs­sen ab. Hier wird nur beschrie­ben, wel­che psy­chi­schen und sozi­a­len Fähig­kei­ten durch wel­che Ein­flüsse mög­li­cher­weise gestört wer­den kön­nen.

Die vor­ran­gi­gen Ent­wick­lungs­schritte der ers­ten Monate sind die Akti­vie­rung des Kom­mu­ni­ka­ti­ons­sys­tems und dar­auf fol­gend die Ein­übung der Kom­mu­ni­ka­tion zwi­schen Kind und Erwach­se­nen und der Auf­bau des emo­ti­o­na­len Bin­dungs­sys­tems. In diese Sys­teme ein­ge­bet­tet sind alle Erfah­run­gen der Bedürf­tig­keit und Bedürf­nis­be­frie­di­gung, dem Erle­ben von Sicher­heit, Gebor­gen­heit, kör­per­li­chem Wohl­be­ha­gen, der all­mäh­li­chen Unter­schei­dung zwi­schen Ich und Nicht-Ich, das Wie­der erken­nen und die gefühls­mä­ßige Bin­dung an wich­tige Per­so­nen (Auf­bau von inne­ren Bil­dern der Per­so­nen, die bei Abwe­sen­heit repro­du­ziert wer­den kön­nen), die frü­hen For­men von Ver­trauen in sich selbst und andere Men­schen und die Zuver­sicht, dass bei Unlust ent­ste­hende Span­nung auf­ge­fan­gen und been­det wer­den kann.

Es gibt zahl­rei­che Dinge, die dazu bei­tra­gen, dass das Kind und der Erwach­sene nicht gut genug zuein­an­der pas­sen und sich nicht auf ein Sys­tem von Kom­mu­ni­ka­tion und gefühls­mä­ßi­ger Bin­dung ein­las­sen kön­nen; dass das Kind anhal­ten­den und inten­si­ven Gefüh­len der Unlust aus­ge­setzt ist und seine Bemü­hun­gen um Kon­takt nicht zu vor­her­seh­bar ablau­fen­den Inter­ak­ti­o­nen füh­ren.

Auf der Seite des Erwach­se­nen kön­nen die Gründe bei­spiels­weise in psy­chi­scher Belas­tung, sozi­a­len Not­la­gen, kör­per­li­chen Krank­hei­ten oder öko­no­mi­schen Schwie­rig­kei­ten zu suchen sein, die es erschwe­ren oder unmög­lich machen, sich der ver­läss­li­chen Ver­sor­gung des Klein­kin­des zuzu­wen­den.

Sind die Stö­run­gen in dem Zuein­an­der­pas­sen zwi­schen Kind und Bezugs­per­son lang anhal­tend und von höhe­rem Schwe­re­grad, ist es dem Kind erschwert, die Fähig­kei­ten, die es für funk­tio­nie­rende mensch­li­che Bezie­hun­gen benö­tigt zu erler­nen. Folge kann sein, dass die emo­ti­o­nale Ver­stän­di­gung des Kin­des und spä­ter auch des Erwach­se­nen unsi­cher bleibt und die Kon­takt­auf­nahme, sowie die Fähig­keit, ver­läss­li­che Bin­dun­gen auf­zu­bauen, erschwert ist. "Das Kind und der Erwach­sene bleibt unsi­cher, ob er sich und die ande­ren rich­tig ver­steht, ob er auf sich und die ande­ren ver­trauen kann. Die Fremd­heit sich selbst gegen­über betrifft auch den eige­nen Kör­per; an die Stelle des siche­ren Wohl­be­fin­dens in der eige­nen Kör­per­lich­keit tritt die hypo­chon­dri­sche Sorge um einen als unver­traut und gefähr­det erleb­ten Kör­per" (Rudolf, 1996, S. 32). Zur Kate­go­ri­sie­rung sol­cher Stö­run­gen las­sen sich unter­schied­li­che Typen ablei­ten. Hier seien nur zwei kurz beschrie­ben:

1. Schi­zo­i­der Stö­rungs­ty­pus: Hier steht der Zwei­fel am eige­nen Ich, die Fremd­heit des eige­nen Kör­pers und der eige­nen Per­son , die Unsi­cher­heit der Kom­mu­ni­ka­tion und der Bin­dung im Vor­der­grund. Fol­gen davon sind die Ver­mei­dung von Nähe zu ande­ren Men­schen und eine Ten­denz, sich durch Selbst­liebe zu sta­bi­li­sie­ren.

2. Depres­si­ver Stö­rungs­ty­pus: Hier ist weni­ger die Fähig­keit, Bezie­hun­gen auf­zu­bauen, gestört, son­dern die Zuver­sicht, dass auf­ge­baute Bezie­hun­gen zuver­läs­sig sind. In einer Phase, in der die Bedürf­tig­keit des Klein­kin­des sehr groß ist, hin­ter­lässt die Erfah­rung der Unbe­stän­dig­keit oder des Ver­lus­tes der wich­ti­gen Bezugs­per­so­nen tiefe Gefühle des ver­zwei­fel­ten Ver­las­sen­seins. Haupt­säch­lich bedeu­tet das, dass das Kind sei­nen Unlust­ge­füh­len aus­ge­lie­fert ist. Es geht also um zwei Man­ge­ler­fah­run­gen: Zum einen um die feh­lende Befrie­di­gung von Bedürf­nis­sen und Wün­schen und zum ande­ren um die feh­lende Ent­las­tung von unan­ge­neh­men Gefüh­len.

 

Zweites und drittes Lebensjahr - Autonomieentwicklung

 

a) Kör­per­li­che Ent­wick­lung

Zu der sich ent­wi­ckeln­den Bewe­gungs- und Hand­lungs­mo­to­rik, sowie der wil­lent­li­chen Steu­e­rung des Bewe­gungs­sys­tems kommt nun die Fähig­keit zu lau­fen, was den Akti­ons- und Erfah­rungs­ra­dius enorm erwei­tert. Die Ver­bes­se­rung der Moto­rik und die wil­lent­li­che Steu­e­rung der Hand­lun­gen und Bewe­gun­gen ermög­li­chen dem Kind, seine Welt spie­le­risch zu erfor­schen. Die Ent­wick­lung erstreckt sich auch auf die Sprach­mo­to­rik. Es ent­steht die Spra­che der Worte.

b) Psy­chi­sche Ent­wick­lung

Der wach­sen­den Kom­pe­tenz der Hand­lungs- und Sprach­mo­to­rik, der Fähig­keit etwas zu tun oder es zu las­sen, ent­spricht die zuneh­mende gesi­cherte Erfah­rung von der eige­nen Per­son, die plant, han­delt und dar­über spricht. Das Auf­tau­chen des Wor­tes "Ich" im Sprach­schatz des Kin­des kenn­zeich­net die­sen Schritt.

Neben der Steu­e­rung der Moto­rik ist der steu­ernde Umgang mit der Gefühls­welt eine wei­tere wich­tige rei­fende Funk­tion die­ses Ent­wick­lungs­ab­schnit­tes.

Die Dif­fe­ren­zie­rung zwi­schen der eige­nen Per­son und den ande­ren Men­schen wird voll­stän­dig abge­schlos­sen. Der Ich-Pol des Erle­bens und der Gegen-Pol der erfah­ren­den ande­ren Men­schen steht ein­an­der klar abge­grenzt gegen­über. Nach und nach schafft sich das Kind Vor­stel­lun­gen sei­ner selbst (Selbst­bild) und beginnt auch mit des­sen bewuss­ter Bewer­tung (Selbst­wert).

Die Spra­che bringt die Welt nun in ein Sys­tem, in dem eine bestimmte logi­sche und sprach­li­che Ord­nung herrscht. Sie belegt Men­schen, Dinge und Vor­gänge nun mit Namen und Begrif­fen.

Zu Beginn bestä­ti­gen die Eltern die Ent­wick­lungs­schritte des Kin­des freu­dig, bis es zu ers­ten Inter­es­sen­un­ter­schie­den kommt. "Die Explo­ra­ti­ons­lust des Kin­des, sein Bedürf­nis an die Dinge her­an­zu­ge­hen (ad-gredi), sie in Besitz zu neh­men, zu erfor­schen, mit ihnen spie­le­risch umzu­ge­hen, bedeu­tet aus der Sicht des Erwach­se­nen nicht sel­ten, dass die Dinge beschä­digt und beschmutzt oder für ihn unbrauch­bar gemacht wer­den. Hier setzt mit Macht die "Sozi­a­li­sa­tion" ein, inso­fern als sich die Eltern in ihren Erzie­hungs­be­mü­hun­gen auf das für sie gel­tende Nor­men­sys­tem beru­fen" (Rudolf, 1996, S. 35).

Das Kind bil­det ein Nor­men- und Wer­te­sys­tem, das für ihn hand­lungs­lei­tend wird. Die­ses Sys­tem bein­hal­tet ver­in­ner­lichte Ver­hal­tens­vor­schrif­ten mit ihren sozi­a­len Kon­se­quen­zen. Neben die­ser Struk­tur, die in der Psy­cho­ana­lyse auch das Über-Ich genannt wird, ent­steht auch eine Struk­tur des so genann­ten Ich-Ide­als, die die eige­nen Wunsch­vor­stel­lun­gen und die ver­mu­te­ten Erwar­tun­gen, die andere an einen stel­len, ver­bin­det.

c) Sozi­ale Ent­wick­lung

Die neu gewon­nene Beweg­lich­keit des Kin­des erlaubt es ihm, sich dem Erwach­se­nen anzu­nä­hern oder sich von ihm abzu­gren­zen. Es ist ihm mög­lich, Nähe und Inti­mi­tät oder auch Distanz zu ande­ren Per­so­nen zu schaf­fen. Nun ist auch die Neu­gier auf alles Fremde zuneh­mend wich­tig, gegen­über der frü­he­ren Ten­denz, bei der ver­trau­ten Per­son Sicher­heit und Gebor­gen­heit zu suchen. Die wich­tige rei­fende Funk­tion in die­sem Ent­wick­lungs­ab­schnitt ist die Auto­no­mie der eige­nen Per­son. Diese kann nur rei­fen, wenn die Bezugs­per­son dem Kind aus­rei­chend Sicher­heit und Ver­läss­lich­keit der Bezie­hung bie­ten konnte. Das Kind kann nun je nach Bedürf­nis vari­ie­ren zwi­schen dem Wunsch, Neues zu ent­de­cken und dadurch Erre­gung zu erfah­ren, oder ob es dem älte­ren Wunsch nach­gibt, Sicher­heit im Ver­trau­ten zu suchen. "Nähe und Distanz, Sicher­heit und Erre­gung, lie­be­volle Annä­he­rung und wüten­der Angriff, fest­hal­ten und los­las­sen, eigen­wil­lige Selbst­be­stimmt­heit und regres­si­ves Schutz­su­chen wech­seln ein­an­der ab und ste­hen stets nahe bei­ein­an­der. Das Umge­hen­ler­nen mit die­sen Pola­ri­tä­ten gehört zu den wich­ti­gen Rei­fungs­schrit­ten die­ses Abschnitts" (Rudolf, 1996, S. 35).

Dar­über hin­aus probt das Kind in spie­le­ri­scher Iden­ti­fi­ka­tion unter­schied­li­che sozi­ale Rol­len und ver­an­kert diese in sei­nem inne­ren Bild von sich selbst.

d) Mög­li­che Fehl­ent­wick­lun­gen

In die­sem Abschnitt der Ent­wick­lung bil­det sich der Mensch mit sei­nen Fähig­kei­ten zu wol­len, zu pla­nen, zu han­deln, zu spre­chen und zu den­ken. Er ent­wi­ckelt sich dahin, von sei­ner Abhän­gig­keit in die Selb­stän­dig­keit zu gelan­gen und viele Gefühl­s­er­leb­nisse und sozi­ale Erfah­run­gen zu sam­meln. "Alle diese Berei­che ent­fal­ten sich indi­vi­du­ell, wobei ins­be­son­dere ange­bo­rene Bereit­schaf­ten als Mate­rial des Ich eine wich­tige Rolle spie­len. Sie wer­den geformt durch die jewei­li­gen Lebens­be­din­gun­gen, durch die Wert­nor­men, den Erzie­hungs­stil und den all­ge­mei­nen Lebens­stil der Fami­lie und der grö­ße­ren sozi­a­len Gemein­schaft. Der eigene Stil beginnt sich in der Aus­ein­an­der­set­zung mit die­sen Vor­bil­dern zu gestal­ten. Sozio­öko­no­mi­sche Bedin­gun­gen, Fami­li­en­größe, Posi­tion in der Geschwis­ter­reihe, die psy­chi­sche und kör­per­li­che Ver­fas­sung der Fami­lien­an­ge­hö­ri­gen bil­den den begren­zen­den Rah­men, zugleich aber auch den Sti­mu­lus für eigene Ent­wick­lungs­mög­lich­kei­ten" (Rudolf, 1996, S. 36).

Es gibt drei Grup­pen von krank­ma­chen­den Ein­flüs­sen in die­ser Ent­wick­lungs­phase:

  1. Der Schritt in die Auto­no­mie und das inter­es­sierte Zuge­hen auf die Welt wird durch eine fami­li­äre Atmo­sphäre der Ängst­lich­keit ver­hin­dert. Die Erwach­se­nen wol­len das Kind vor der gefähr­li­chen Welt drau­ßen schüt­zen. Sicher ist die Welt der Fami­lie drin­nen. Durch solch ein Ver­hal­ten bleibt die Auto­no­mie des Kin­des und spä­ter des Erwach­se­nen ein­ge­schränkt und unsi­cher und eine ängst­li­che Grund­hal­tung mit Selbst­wertzwei­feln und beson­de­rer Beach­tung der nahen Bezugs­per­son kann dar­aus resul­tie­ren. Diese Ängst­lich­keit kann aber auch von dem Kind aus­ge­hen, wenn es spürt, dass Span­nun­gen den Fami­li­en­ver­band auf­zu­lö­sen dro­hen. Das hin­dert das Kind daran, sich der Außen­welt zuzu­wen­den. Es klam­mert sich an seine Eltern.
  2. Noch schwer­wie­gen­dere Fol­gen hat es, wenn die Erwach­se­nen dem Kind gegen­über zwie­späl­tige oder ableh­nende Ein­stel­lun­gen ent­ge­gen­brin­gen und sie alles was mit sei­nem Erkun­dungs­drang und sei­ner Funk­ti­ons­lust zu tun hat, nicht beach­ten, ableh­nen oder mora­lisch ver­ur­tei­len. Im Extrem­fall wer­den alle Unter­neh­mun­gen des Kin­des durch Strafe oder kör­per­li­che Gewalt unter­bun­den. Durch solch ein Ver­hal­ten fühlt sich das Kind in sei­ner Per­son ent­wer­tet. Nach außen hin wird das Kind ange­passt, doch innen lebt die aggres­sive Dyna­mik vor­wie­gend in Form von Selbst­hass, Selbst­ableh­nung und Selbst­ver­ach­tung wei­ter. Ist der Druck auf das Selbst des Kin­des mehr durch enge Moral und zwang­hafte Regeln bestimmt, beein­träch­tigt eine sol­che Hal­tung meist viele Ent­wick­lungs­li­nien die­ses Abschnit­tes. Bei­spiels­weise muss in einer zwang­haft-ordent­li­chen Fami­lie alles Laute, Chao­ti­sche, Aggres­sive und Gefühls­starke unter­bun­den wer­den. Das Kind hat nicht die Mög­lich­keit, sich an sei­ner Umwelt aus­zu­pro­bie­ren, um sei­nen eige­nen Stil zu fin­den. Die ver­in­ner­lich­ten zwang­haf­ten Ver­hal­tens­re­geln lei­ten sein Den­ken und Ver­hal­ten.
  3. In die­ser Ent­wick­lungs­phase ist es auch schwie­rig für das Kind, wenn es kei­nen fes­ten Rah­men fin­det. Im ein­fa­che­ren Fall ent­wi­ckelt sich das Kind zu einem Fami­li­en­ty­rann, der es gewohnt ist, dass nie­mand sich sei­nem Wil­len ent­ge­gen­stellt. Beim Ein­tritt in die Schule und in jede Form sozi­a­len Lebens dro­hen ihm dann große Anpas­sungs­schwie­rig­kei­ten. "...es han­delt sich dabei im Wesent­li­chen um einen Man­gel an sozi­a­ler Ver­bind­lich­keit und sozi­a­ler Ver­bun­den­heit, aus dem her­aus der ein­zelne seine Inter­es­sen so gut ver­folgt, wie er eben kann, weil keine Gewähr besteht, dass andere sein Inter­es­sen mit berück­sich­ti­gen" (Rudolf, 1996, S. 37).
 

Drittes bis sechstes Lebensjahr - Aufbau der psychosexuellen und sozialen Identität

 

a) Kör­per­li­che Ent­wick­lung im Vor­schul­al­ter

In die­ser Ent­wick­lungs­phase gibt es keine grund­sätz­lich neuen kör­per­li­chen Ent­wick­lun­gen. Kör­per­li­che Größe, Kraft und Geschick­lich­keit ent­wi­ckeln sich kon­ti­nu­ier­lich wei­ter. Die Kör­per­mo­to­rik kann kon­trol­liert wer­den, und das Kind ist schließ­lich imstande, sei­nen Bewe­gungs­drang für bestimmte Zeit zu brem­sen, was eine not­wen­dige Vor­aus­set­zung für den Schul­be­such ist.

b) Psy­chi­sche Ent­wick­lung im Vor­schul­al­ter

Das Kind hat nun gelernt, seine Per­son, die bestimmte Absich­ten hat, von außen zu betrach­ten und hat dar­aus ein Bewusst­sein der eige­nen Per­son erwor­ben. Die­ses Bewusst­sein ist Teil der immer dif­fe­ren­zier­te­ren Erfah­rung und gedank­li­chen Aus­ein­an­der­set­zung mit der Welt. Es kommt in Berüh­rung mit den gro­ßen The­men Liebe, Sexu­a­li­tät, Geburt und Tod. Das Kind erfährt die Bedeu­tung von Zeit, und so erfährt es Gren­zen und spürt die Begrenzt­heit. Das Thema der Begren­zung erstreckt sich auch auf die Geschlecht­lich­keit. Jeder ist nur einem Geschlecht zuge­hö­rig und muss auf inter­es­sante Eigen­schaf­ten des Gegen­ge­schlechts ver­zich­ten. Die sexu­elle Iden­ti­tät wird nun als ein­deu­tig erlebt, sowie die Zuge­hö­rig­keit zu der eige­nen Gene­ra­tion. Diese Vor­gänge las­sen sich alle unter den Begriff der Rea­li­täts­prü­fung fas­sen. Für das Kind gel­ten nun auch die Prin­zi­pien der Logik, nach denen Erwach­sene ihre Welt struk­tu­rie­ren.

Der spie­le­ri­sche Umgang mit dem Leben weicht immer mehr dem "Ernst des Lebens". Zwangs­läu­fig wird es auch mit Gefüh­len des Ein­sam­seins und der Angst vor dem was kom­men mag, kon­fron­tiert.

c) Sozi­ale Ent­wick­lung im Vor­schul­al­ter

Das Kind mar­kiert für sich einen fes­ten Punkt in sei­nem sozi­a­len Sys­tem. Von die­sem Punkt aus defi­niert das Kind seine Bezie­hun­gen zu ande­ren. Das Kind wird sich min­des­tens zum Teil sei­ner Stel­lung im sozi­a­len Sys­tem der Fami­lie bewusst, und in der Gene­ra­ti­o­nen­folge erfährt es eine bestimmte Rol­len­zu­schrei­bung, die auch mit bestimm­ten Pflich­ten ver­bun­den ist. Unbe­wusste Phan­tasien der Erwach­se­nen, uner­le­digte Kon­flikte mit den eige­nen Eltern oder Geschwis­tern, die auf das eigene Kind über­tra­gen wer­den, spie­len dabei oft eine große Rolle.

Durch Iden­ti­fi­zie­rung mit dem gleich­ge­schlecht­li­chen Eltern­teil wird gelernt, wie man als Mäd­chen/ Frau oder als Junge/ Mann sein, erle­ben und sich ver­hal­ten kann, was ins­be­son­dere für das Ler­nen des Umgangs mit dem gegen­ge­schlecht­li­chen Eltern­teil gilt.

"Zwei­fel­los lie­fern die unbe­wuss­ten Erin­ne­rungs­spu­ren die­ser frü­hen Iden­ti­fi­zie­run­gen und Bin­dun­gen das Grund­ge­rüst aller spä­te­ren Bezie­hun­gen, sie bedeu­ten in jedem Fall eine Ein­übung in mensch­li­che Bin­dun­gen, die von Lei­den­schaft und Begeh­ren getra­gen sind" (Rudolf, 1996, S. 40).

Die Bezie­hung des Kin­des zu sei­nen Eltern hat ero­ti­sche Anklänge, doch wur­den die Bedeu­tung für die nor­male Ent­wick­lung des Kin­des von der frü­he­ren Psy­cho­ana­lyse über­schätzt. In einer Eltern-Kind-Bezie­hung, in der eine spür­bare Sexu­a­li­sie­rung vor­liegt, ist dies meist bereits Aus­druck einer neu­ro­tisch gestör­ten Kon­stel­la­tion.

a) Mög­li­che Fehl­ent­wick­lun­gen im Vor­schul­al­ter

In die­ser Phase der kind­li­chen Ent­wick­lung formt sich die geschlecht­li­che und sozi­ale Iden­ti­tät. Diese Iden­ti­tät ent­wi­ckelt sich im Kon­text des Bezie­hungs­ge­flechts der Fami­lie, wodurch viel­fäl­tige Stö­run­gen ein­zel­ner wich­ti­ger Per­so­nen und die Bezie­hun­gen unter­ein­an­der die Ent­wick­lung der Iden­ti­tät des Kin­des behin­dern kön­nen.

Es geht immer darum, dass das Kind in sei­ner ein­deu­ti­gen geschlecht­li­chen Iden­ti­fi­zie­rung und der gleich­zei­ti­gen Bin­dung an seine Eltern beein­träch­tigt ist. Das pas­siert dann, wenn dem Kind von einem Eltern­teil kein Inter­esse oder ver­deckte oder offene Ableh­nung ent­ge­gen­ge­bracht wird. Es kann aber auch sein, dass dem Kind eine her­aus­ra­gend wich­tige Bezie­hung ange­bo­ten wird.

Es ist pro­ble­ma­tisch, wenn die elter­li­chen Bezie­hungs­an­ge­bote die For­de­rung mit­ein­schlie­ßen, dass das Kind so zu sein hat, wie sie es gerne hät­ten. Ihre Auf­for­de­rung, dass Kind solle eine andere Rolle spie­len, als die von sei­nem bio­lo­gi­schen Geschlecht vor­ge­ge­bene, kann nicht nur als Belas­tung und als Druck von dem Kind emp­fun­den wer­den, son­dern auch als ein ver­füh­re­ri­sches Ange­bot, in eine andere Rolle zu schlüp­fen (z. B. das Kind fühlt sich auf­ge­wer­tet, da es in die Rolle des Part­ne­rer­sat­zes schlüpft). Das Kind geni­eßt das erwor­bene Anse­hen, weiß aber eigent­lich, dass diese Rolle falsch ist. Hin­ter dem Stolz steht die Scham, eine falsche Rolle zu spie­len und spie­len zu müs­sen, da man mit sei­ner wah­ren Per­sön­lich­keit nicht gemocht wird.

Wich­tige Fol­ge­er­schei­nun­gen für die Per­sön­lich­keit kann also die Ten­denz zur Selbst­auf­wer­tung (nar­ziss­ti­scher Anspruch) und zur Riva­li­tät sein, ein­her­ge­hend mit Selbst­zwei­feln und tie­fen Zwei­feln an der eige­nen Lie­bens­wert­heit. Dar­über hin­aus besteht Ver­wir­rung über die Beschaf­fen­heit der wirk­li­chen Per­sön­lich­keit und der eige­nen Gefühle.

Außer­dem erschwert die dau­ernde Bin­dung an ein Eltern­teil (wobei das andere abge­wer­tet wird) spä­ter den har­mo­ni­schen Umgang mit bei­den Geschlech­tern und einer ero­ti­schen Bezie­hung zu einem poten­ti­el­len Part­ner.

Unter der Vor­aus­set­zung, dass das Kind eine Rolle zu spie­len hat, eine unsi­chere Geschlechts­i­den­ti­tät hat und eine anhal­tende Bezie­hung zu einem ide­a­li­sier­ten oder ent­täu­schen­dem Eltern­teil, wer­den sich spä­ter als Erwach­se­ner wahr­schein­lich auch Ein­schrän­kun­gen der sexu­el­len Erleb­nis­fä­hig­keit ein­stel­len.

 

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