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Aggressions-Bewältigungsprogramm - Teil 1 |
Immer wieder auftretende Konflikte folgen häufig einem bestimmten typischen Muster, das einen Kreisprozess in Gang setzt und aufrecht erhält.
Hier ein typischer Vorgang in vielen Familien: Man schimpft mit dem Sohn bei den Hausaufgaben. Das Kind macht nicht das, was man von ihm erwartet. Darauf hin schimpft man noch mehr. Das Kind wird bockig und ebenfalls lauter… Und das geht jeden Tag so.
Es kommt darauf an, die für diesen Prozess verantwortlichen Muster zu erkennen und zu überlegen, an welchen Stellen Möglichkeiten bestehen, den Kreisprozess zu unterbrechen und eine konstruktive Konfliktbewältigung einzuleiten. Dafür ist es nötig, sich erst einmal einen Überblick über die Zusammenhänge zu verschaffen.
Es hat sich praktisch bewährt, diesen Überblick auf drei Grundkomponenten aufzubauen:
Die Grafik zeigt, dass sich alle drei Komponenten gegenseitig bedingen und beeinflussen können.
Hohe Erregung (2. Komponente) beeinträchtigt die Fähigkeit, ein Problem in kompetenter
Form sachlich zu analysieren und differenziert zu denken (3. Komponente). Man neigt dazu, heftig, ,,aggressiv" und uneinfühlsam zu reagieren. Damit verletzt man Bedürfnisse der Beteiligten (1. Komponente): Man berücksichtigt nicht deren Sicht der Dinge, deren Bedürfnisse. Man verletzt den Anderen in seinen Gefühlen, in seiner Selbstachtung. Das erzeugt Aggressionen, was den Konflikt verschärfen kann. Die Wahrscheinlichkeit, eine Lösung zu finden, wird eher geringer.
Wir wollen uns jetzt alle drei Komponenten etwas näher anschauen.
Natürlich hat der Mensch sehr viele Bedürfnisse. Im Prinzip kann man sie jedoch in vier Gruppen einteilen, die wir hier Grundbedürfnisse (GB) nennen wollen. Gemeint sind dabei nicht die körperlichen Bedürfnisse, wie Schlaf, Nahrung etc., obwohl diese natürlich eng mit den psychischen Bedürfnissen verknüpft sind:
Jeder Mensch trachtet danach, in allen vier Grundbedürfnissen (GB) eine ausgeglichene Bilanz zu haben. Der Stellenwert, den man jedem einzelnen Bedürfnis zuordnet, kann natürlich unterschiedlich ausgeprägt sein. Es gibt Menschen mit einem ausgesprochenen Kontrollbedürfnis (,,Ihr müsst das tun, was ich will, sonst bin ich sauer"). Andere streben zu sofortigen und intensiven Lustgewinn (,,Ich will alles und zwar sofort!") oder tragen ein übermäßiges Selbstwertgefühl zur Schau (,,Ich bin der Größte!").
Das kann unterschiedliche Ursachen haben. Zu denken ist z.B. an eine mehr oder weniger angeborene Persönlichkeit oder an Erziehungseinflüsse.
Ein Kind, das ständig verwöhnt wird, alle Wünsche sofort erfüllt bekommt, wird schwerlich die Fähigkeit erlangen können, mit der Erfüllung von Wünschen zu warten. Das Bedürfnis nach Lustgewinn und nach Unlustvermeidung (= GB1) ist hoch, die Toleranz, Frustrationen zu ertragen, niedrig. Das Kind wird versuchen, Kontrolle im Sinne des GB2 zu erlangen. Es quengelt, wirft sich auf den Boden oder schreit so lange, bis die Nachbarn sich aufregen. Wenn die Eltern dann genervt nachgeben, hat das Kind ein Erfolgserlebnis, es hat etwas bewirkt (GB2).
Verhält sich das Kind immer wieder so, besteht die Gefahr, dass es von den Altersgenossen ausgegrenzt wird, weil sie ein solches Anspruchsverhalten nervt. Vielleicht werden auch die Eltern sauer. GB3 nach Bindung und Zugehörigkeit wird dann nicht mehr ausreichend befriedigt.
Das kann sich auf GB4 auswirken. Das Selbstwertgefühl wird eingeschränkt. Um die Frustrationen im Zusammenhang mit GB3 und GB4 auszugleichen (zu kompensieren) schlägt es auf andere Kinder ein und bringt sie ,,zum Schweigen". Es hat im Sinne von GB2 etwas bewirkt.
Daraus entwickelt sich die ,,Erkenntnis": Man brauche nur kräftig und schnell zuzuschlagen, um etwas zu erreichen. Das Selbstwertgefühl (GB4) wird gefördert.
Das alles hat natürlich auch Auswirkungen auf die Eltern. Das Verhalten ihres Kindes bereitet ihnen Unlust (GB1). Sie verstehen es nicht. Sie fragen sich, ,,warum" macht unser Kind so etwas. Sie haben keinen Einfluss auf das Kind. GB2 ist bei ihnen frustriert. Vielleicht schämen sie sich als pädagogische Versager (GB4).
Möglicherweise versuchen sie, Unlust zu vermeiden (GB1), indem sie ihrem Kind schnell nachgeben, es weiter verwöhnen. Sie bewirken damit kurzfristig etwas (GB2), nämlich, dass das Kind ruhig ist. Man kann die Schuld für das fordernde und aggressive Verhalten auch den Lehrern zuschieben, dann ist das Selbstwertgefühl (GB4) wiederhergestellt.
,,Das Kind muss doch aber an seine Zukunft denken!" oder?
Das eben Gesagte bezieht sich offensichtlich nur auf das HIER UND JETZT. Zu Recht muss gefordert werden, dass ein Kind sich auch dann bemüht, wenn die Sache nicht unmittelbar Spaß macht oder sonstige unmittelbar spürbare positive Folgen mit sich bringt. In der Regel funktioniert das auch. Was ist los, wenn das nicht so ist?
Generell kann man sagen, dass in dem Fall, in dem das Kind nicht zur Kooperation bereit ist, dafür gute (dem Kind oft unbewusste) Gründe vorhanden sind. Entweder ist die Situation mit unangenehmen Gefühlen verbunden: Die Hausaufgaben sind mit Unlust besetzt (GB1 wird frustriert). Das Kind fühlt sich überfordert (GB2 frustriert). Die Mutter schimpft (GB3 frustriert) usw.
Oder aber es scheint sich nicht zu ,,lohnen", sich anders zu verhalten. Warum soll es sich denn anstrengen? Es wird eh geschimpft, und die Aufgaben sind zu schwer.
Meistens kann man sagen, dass das Problem eben in diesem HIER UND JETZT liegt. Mit anderen Worten: Je näher eine Konsequenz an einem Verhalten liegt, desto wirksamer ist die Verbindung zwischen beiden.
Das geht nicht nur Kindern und Jugendlichen so. Ihre Betreuer haben oft ähnliche Probleme!
Jeder Raucher weiß beispielsweise, wie gefährlich sein ,,Hobby" ist: Es verkürzt das Leben, kann erhebliche Gesundheitsgefahren mit sich bringen; es ist teuer; man riecht unangenehm; man neigt zu Pickeln usw. Trotzdem raucht er munter weiter.
Warum? Er handelt doch unvernünftig, genau wie ein Kind, das keine Hausaufgaben machen will, sich mit anderen Kindern prügelt usw.
Die Erklärung:
Rauchen erzeugt unmittelbar, konkret - HIER UND JETZT- Lust , es vertreibt Spannung und somit Unlust. Das GB 1 wird also gleich im doppelten Sinne befriedigt.
Die Unlust, die Strafe, bis hin zum frühen Tod sind zwar abstrakt im Bewusstsein vorhanden, treten aber - vielleicht- erst viel SPÄTER ein.
1. Sorge dafür, dass Pflichterfüllung auch sofort spürbare angenehme Begleiterscheinungen oder Folgen hat!
Natürlich brauchen Kinder Regeln und Vorgaben, was man von ihnen erwartet. Sie müssen lernen, ihre Bedürfnisbefriedigung aufzuschieben und die Bedürfnisse anderer Menschen z.B. der um die Zukunft ihrer Kinder besorgter Eltern zu berücksichtigen. Sie müssen aber auch HIER UND JETZT erfahren können, dass es sich ,,lohnt", den Erwartungen zu entsprechen. Einige ihrer Bedürfnisse sollten im Zusammenhang mit dem Geforderten auf jeden Fall unmittelbar befriedigt werden:
2. Gestalte die Situation so, dass es möglichst wenig Gründe für das Kind gibt, die Situation zu vermeiden.
Gründe, eine Situation zu vermeiden (Beispiele)
Das HIER und JETZT besonders bedeutsam beim Zappelphilipp.
Steht Ihr Kind immer unter Spannung, ist es ständig unruhig, hektisch, kann sich nicht konzentrieren, besteht der Verdacht auf das Vorliegen eines Hyperkinetischen Syndroms (HKS). Fordern Sie in diesem Falle unsere Informationszeitschrift “Zappelphilipp” oder andere Literatur an und stellen Sie das Kind Fachleuten vor.
Diese Kinder benötigten ganz besonders unmittelbare und direkte Lenkung, Struktur und sofortige Reaktionen.
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Dipl.-Psych. Volker Drewes
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