Aggressions-Bewältigungsprogramm - Teil 3 |
Unter Kompetenz wollen wir hier die Fähigkeit verstehen, bestimmte Probleme zu erkennen und Lösungen umzusetzen. Das Thema ist natürlich sehr komplex. Wir konzentrieren uns deshalb auf drei Gründe, die dazu führen können, dass geforderte Leistungen nicht erbracht werden können.
Eingeschliffene Verhaltensmuster?
Frau M. Ist eine intelligente Frau, die sehr gut zu argumentieren vermag. Dennoch sind ihre Kinder keineswegs von ihrer Intelligenz beeindruckt. Sie redet zwar ununterbrochen und häufig erregt auf sie ein, erreicht aber nichts. Im Gegenteil! Sie hat den Eindruck, die Kinder hören ihr nicht zu. Sie fühlen sich ,,zugeblubbert", genervt.
Lösung:
Frau M. wird geraten, langsam zu sprechen, sich den sprachlichen Fähigkeiten der Kinder anzupassen. Sie soll sich vergewissern, dass sie verstanden haben, was sie meint und sie angemessen zu Wort kommen lassen. Sie soll freundlich, zumindest aber sachlich sprechen.
Frau M. gelingt es trotz guten Willens nicht, dies in die Praxis umzusetzen. Sie redet weiter ununterbrochen, hört nicht zu, kritisiert ununterbrochen.
Warum?
Das Problem von Frau M. ist, dass ihre Art zu sprechen so eingeschliffen ist, dass sie trotz besseren Wissens ihre Kompetenz in der Kommunikation nicht verbessern kann oder meint nicht zu können. Automatisch rutscht sie zudem auf den Unteren Weg.
Sehen wir das positiv!:
Dadurch verstehen wir, wie schwer es Kinder ihrerseits haben müssen, manche Problemverhaltensweisen zu ändern oder bestimmte Leistungen zu erbringen.
Weil dies so ist, kann es oft hilfreich sein, wenn man mit dem Kind oder Partner einen Verhaltensveränderungsvertrag schließt, in welchen man selbst eingeschlossen ist. Hat man mit der Erfüllung dessen Probleme, werden einem die Schwierigkeiten des Kindes oder des Partners sicher weniger bedrohlich vorkommen, was die Situation entspannen oder aber zu neuen gemeinsamen Anstrengungen anspornen kann:
Der Verhaltensvertrag
Was möchten Sie, was Ihr Kind (oder Ihr Partner) ändert? Bitte beschreiben Sie das in Zusammenarbeit mit dem Kind oder Partner genau:
Versuchen Sie einmal Ihren neunjährigen Sohn zu erklären, was Sie darunter meinen, dass er sich nicht konzentrieren könne. Wahrscheinlich wird er sie nicht verstehen. Wenn doch, könnte er Ihnen meistens entgegenhalten, dass er sich am Nintendo und vor dem Fernseher doch stundenlang konzentrieren könne. Da hätten Sie doch auch etwas dagegen.
Was soll ein Kind tun, dass nicht so aggressiv sein soll. Was bedeutet das? Außerdem sind immer die Anderen aggressiv. Und wie sehen mögliche Alternativen aus?
Diese Fragereihe könnte man immer weiter fortsetzen.
Fazit: Unsere Kinder sind oft überfordert, wenn wir sie in unserer Sprache mit Problemen, die wir mit ihnen haben konfrontieren. Notwendig ist es, ihnen mit klaren und verständlichen Worten deutlich zu machen, was das Problem ist, und, was das wichtigste ist, welche Alternativen man erwartet. Dabei sollten negative Formulierungen vermieden werden.
Beispiele:
Statt: Sei nicht so laut!
Besser: Sprich bitte leise!
Statt: Hample nicht so herum! Lenk doch nicht immer ab!
Besser: Sitz bitte still! Schau bitte auf den Text!
Statt: Schrei die Marianne doch nicht so an!
Besser: Sag doch einfach mal freundlich ,,Bitte!"
Die Erwachsenen müssen also Ihre kommunikative Kompetenz trainieren, um sich beim Kind verständlich machen. Das verbessert die Kompetenz des Kindes, zu verstehen und Alternativen zu entwickeln.
Wichtig ist auch die Frage, für wen das Verhalten ein Problem ist.
Wenn ein Kind immer wieder Erfolg damit hat, ist es kein Problem für das Kind. Im Gegenteil, es empfindet es als Lösung. Gibt die Mutter immer wieder mal nach wenn das Kind herumschreit, hat letzteres keinen Grund, am Schreien etwas zu ändern. Es funktioniert doch prächtig. Also ist es kein Problem.
Hier ist also in erster Linie eine Verhaltensänderung der Bezugspersonen nötig. Gelingt das nicht, wird sich auch das Kind nicht ändern.
Es ergibt sich weiterhin die Frage, inwieweit das Kind über Fähigkeiten verfügt, das geforderte Verhalten tatsächlich zu realisieren oder Leistungen zu erbringen. Hier kann es zu Fehleinschätzungen kommen:
Entweder wird das Kind
Das kann zu beträchtlichen Problemen führen:
Versuchen Sie bitte beim Lesen der folgenden Szene zwischen einer Mutter und ihrem Kind den Einfluss der drei eben dargestellten Bedingungen zu erkennen:
Die Mutter übt mit ihrem 9-jährigen Sohn Lesen. Der Junge ist Legastheniker. Es handelt sich um eine Teilleistungsschwäche, die trotz normaler Intelligenz zu Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens und Schreibens führt:
Kind: ,,Ich hab jetzt aber keine Lust zum Lesen."
Mutter: ,,Jetzt stell dich nicht so an und mach voran!"
Kind: ,,Na ja, dann lese ich eben erst mal die Uberschrift."
Mutter: (Schweigt)
Kind: ,,Es wi-i-imelt von Amei-sen"
Mutter: ,,Jetzt lies‘ anständig - konzentriere dich etwas mehr!"
Kind: ,,Ich geb mir ja Mühe!"
Mutter: ,,Red nicht, lies lieber weiter!"
Kind: ,,Guck mal Mutti, ist das nicht ein komischer Ameisenhaufen?"
Mutter: ,,Ja doch, jetzt schau aber nicht auf den Ameisenhaufen, mach lieber voran!"
Kind: ,,P-e-e-ter und Die-ter sie-tzen am Wal- Waldesra-a-nd. Mutti, morgen kommt wieder Kung-Fu im Fernsehen."
Mutter: ,,Ich habe jetzt keine Lust, mich mit dir über Kung-Fu zu unterhalten, mach voran." (Klopft mit dem Finger auf den Tisch)
Kind ,,Plö-ö-ötzlich ruft Dieter: Au, das war eine A-a..."
Mutter ,,Du hast es doch gekonnt, lies das nochmal!"
Kind: ,,Mutti, wie groß können Ameisen werden?"
Mutter: ,,Sehr groß, ich weiß es auch nicht genau - jetzt mach aber weiter!"
Kind ,,Beim Wandertag haben wir einen Ameisenhaufen mit ganz großen..."
Diese Szene setzt sich noch eine halbe Stunde so fort, endet in Schreierei und in totaler Verweigerung des Kindes.
Nun zur Analyse hinsichtlich unserer drei Grundkomponenten
Dipl.-Psych. Volker Drewes
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